Beteiligung der Stadt Iphofen am Projekt "DenkOrt Deportationen 1941-1944 -
Wir erinnern uns an die jüdischen NS-Opfer Unterfrankens"

Geschichtlicher Hintergrund

Nach der Stigmatisierung, Entrechtung und Verfolgung der Juden begann man ab 1941 im Zuge der sogenannten „Endlösung“ mit ihrer systematischen Deportation und Ermordung im deutschen Herrschaftsgebiet. Ein großer Teil der Jüdinnen und Juden der Region wurde zwischen 1941 und 1944 über den kleinen Güterbahnhof Aumühl-Ladehof und den Hauptbahnhof Würzburg deportiert. Da Dornheim und Nenzenheim vor der Gebietsreform zu Mittelfranken gehörten, könnten die Juden auch nach Nürnberg gebracht worden sein. Es lässt sich nicht mehr in jedem Einzelfall nachvollziehen, wo sie den Zug bestiegen, der von Würzburg über Nürnburg in den Osten fuhr. Für das Erinnern ist dieses Detail aber nachrangig.
 

Das Projekt

Es gibt bereits einen Gedenkweg entlang der Hauptdeportationsstrecke in Würzburg. Seit 2015 plant eine Projektgruppe einen Erinnerungsort. Dieser sollte zunächst am Ende dieser Strecke entstehen, dem „DenkOrt Aumühle“. Da sich der hier geplante Standort als statisch ungeeignet erwies, wurde entschieden, das Projekt am Hauptbahnhof in Würzburg zu verwirklichen. Daraufhin wurde die Projektbezeichnung umbenannt in “DenkOrt Deportationen 1941-1944 – Wir erinnern an die jüdischen NS-Opfer Unterfrankens”. Mitgetragen wird das Gesamtprojekt von einem breiten Bündnis. 2018 gründete die Projektgruppe einen Verein, der schließlich den Namen “DenkOrt Deportationen e.V.” bekam und die Trägerschaft über das Projekt übernommen hat.

Der DenkOrt wurde am 17. Juni 2020 mit 47 Gepäckstücken eröffnet. Am 24. September 2021 kamen 32 weitere dazu, darunter die Koffer von Dornheim und Nenzenheim.

Das Denkmal versteht sich als partizipatives Denkmal, d.h. es sind online die Namen der Opfer sowie die Geschichte ihrer Gemeinden hinterlegt. Vor allem junge Menschen sollen in das Projekt eingebunden werden.
 

Konkrete Umsetzung 

Jede unterfränkische Gemeinde, in der es 1932/33 noch eine aktive jüdische Gemeinde gegeben hat, ist aufgerufen, sich an dem Projekt zu beteiligen. Für die Gestaltung des DenkOrtes nahm man historische Aufnahmen als Anregung. Auf diesen sieht man, wie zwischen den langen Kolonnen der Menschen, die zu den Zügen geführt wurden, unzählige Gepäckstücke liegen.

Die herrenlosen Koffer an diesem DenkOrt sollen an den Verlust der Menschen sowie an den Untergang jüdischen Lebens in der Region erinnern. Dabei gibt es je Gemeinde jeweils zwei gleich aussehende Gepäckstücke. Das zweite Exemplar soll mit einer Erläuterungstafel in der Gemeinde aufgestellt werden und die Verbindung zum Ort herstellen. Im Landkreis Kitzingen wurden bereits einige Koffer aufgestellt, so in Mainbernheim, Marktbreit, Kitzingen und Wiesenbronn (Stand 2021).

Für Iphofen sind die beiden Stadtteile Dornheim und Nenzenheim betroffen. Die Gemeinde hat sich im Frühjahr 2020 entschieden, in das Projekt einzusteigen. Die Koordination übernahm das Stadtarchiv Iphofen.

Mit Frau Nina Sahlmüller, Fachoberlehrerin für Werken und Gestalten an der Grund- und Mittelschule Iphofen, konnte eine engagierte Partnerin für das Projekt gefunden werden. Sie wiederum gewann den Bildhauer Sascha Fidyka für die fachliche Begleitung.

Die Vertreter des Stadtrates des jeweiligen Ortes haben sich bei einem Ortstermin am 1. Dezember 2020 für das Material (Sandstein oder Muschelkalk), die Art des Objekts (Koffer, Rucksack, Rolle), das Material der Tafel sowie den Standort entschieden. In Dornheim wollte man einen Stein aus Muschelkalk, in Nenzenheim favorisierte man Sandstein. Bei der Wahl des Standortes wurde in Dornheim die Nordwestecke der evangelischen Kirche, in Nenzenheim die Bushaltestelle Gasthaus Krone an der Einmündung Krassolzheimer Straße - Hauptstraße ausgewählt. Das Plenum des Stadtrates von Iphofen wurde am 18. Januar 2021 informiert. Das Projekt fand breite Zustimmung.

Trotz der pandemiebedingten Schulschließungen und anderen damit verbundenen Umständen konnten die Schülerinnen und Schüler zweier 9. Klassen die Koffer bis Sommer bearbeiten. Die zwei Exemplare für Würzburg sowie die Pendants für Dornheim und Nenzenheim wurden im Herbst 2021 aufgestellt.


Fazit

Entscheidend war bei der Überlegung der Teilnahme an diesem Projekt, dass neben einer würdigen Form des Gedenkens die Schülerinnen und Schüler aus der Region beteiligt werden und fächerübergreifend Themen wie die jüdische Geschichte vor Ort mit den Schwerpunkten Holocaust und Antisemitismus aufgegriffen werden können. Durch die Wertschätzung der Schülerarbeit soll auch eine Identifikation der Jugendlichen mit dem Objekt gefördert werden. Durch die Zusammenarbeit mit der Schule wurde ein wichtiger Beitrag zur historischen Bildungsarbeit geleistet.

Zudem wird neben den Synagogen-Gedenkschildern in beiden Orten nun auch konkret an das Schicksal einzelner Bürgerinnen und Bürger erinnert. Mittlerweile sind neben dem Archivgut, Sammlungen und kleineren Publikationen zu den jüdischen Gemeinden in den 2021 erschienenen beiden Teilbänden III „Mehr als Steine … Synagogen-Gedenkband Bayern“ wissenschaftliche Artikel zu den entsprechenden Gemeinden im heutigen Unterfranken erschienen. 

Das Projekt sollte im Jubiläumsjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“, welches  im Jahr 2021 stattgefunden hat, ein wichtiger Beitrag der Stadt Iphofen, konkret der Orte Dornheim und Nenzenheim, zum Gedenken an seine ehemaligen Bürgerinnen und Bürger werden

 

                                                                                                                                                        Susanne Kornacker, Stadtarchiv Iphofen

Aufstellung der Koffer in Würzburg

am 24. September 2021 mit Bürgermeister Dieter Lenzer

Weitere Informationen